Streitfrage: Gendergerechte Sprache. Zwei Standpunkte, eine Debatte.
Beiträge aus dem Leistungskurs Deutsch des ersten Semesters mit dem Themenschwerpunkt "Sprache im öffentlichen Raum" (November 2021).
Elisabeth Haase:
Es ist Aufgabe der Gesellschaft, gerecht zu sein, sich um die Gleichbehandlung aller zu kümmern.
Der Begriff der politischen Korrektheit taucht erstmals in den 1980 Jahren in Kalifornien auf. Studenten fordern, dass nicht nur die Lehrbücher von "toten, weißen, europäischen Männern" verwendet werden sollen, sie fordern bewusst die Einbeziehung von Minderheiten, von weiblichen, außereuropäischen Autoren. Die Entwicklung der politischen Korrektheit nimmt ihren Lauf, die Frau emanzipiert sich zunehmend und das alternative Leben wird attraktiv. Die politische Korrektheit wird verwendet, um konservativ denkenden Personen die Stirn zu bieten und sich von traditionellen Werten loszulösen. Inkludiert in die Entwicklung der politischen Korrektheit ist auch eine gendergerechte Sprache. Schon von Anfang an wird auch die Sprache, die "männerzentrierte Sprache", kritisiert. Die Debatten um solch eine gendergerechte Sprache existieren also bereits seit über 40 Jahren, doch zu einer Einigung, bzw. zu einer einheitlichen Durchsetzung des Genderns ist es bis heute nicht gekommen.
Ulrich Greiner, ein deutscher Journalist bei der "Zeit" und Literaturkritiker, nimmt in seinem Artikel "Droht uns eine Sprachzensur? Ja!" (2018) kritisch Stellung zu solch einem Eingriff in die deutsche Sprache. Bereits zu Beginn seines Textes spricht er sich gegen das Gendern aus. Die gendergerechte Sprache sei ein "Kampf gegen die deutsche Sprache" (Z. 1). Es bestehe ein Unterschied zwischen dem Genus und dem Sexus. Das nicht Einsehen dieses Unterschieds sei ein Handeln in "ideologischer Absicht"(Z.4). Jede Sprache habe ihre "spezielle grammatische Logik", doch in dieser Logik liege kein System, welches die Realität abbilde. Die drei verschiedenen Genera der deutschen Sprache seien ein Reichtum – besonders für die Lyrik und die Literatur.
Doch nicht nur die Bezeichnungen eines Menschen stünden in der Diskussion gegendert zu werden. Es solle, laut einer Äußerung aus Reihen der Linksfraktion, künftig auch "der/die Staubsauger/in" heißen. Das Gendern würde im Allgemeinen zu "Umständlichkeiten" (Z.51) führen und das Sprachsystem bzw. den Sinn von bestimmten Sätzen unterminieren. Insbesondere geschieht dies, wenn neutralisiert wird, dass Dozierende anstelle von Dozenten gesagt wird. Denn hierbei entsteht eine Ungenauigkeit, es sei nicht mehr klar, ob es sich um einen Dozenten handelt oder um jemanden, der zu diesem Zeitpunkt die Tätigkeiten des Dozenten ausführt, aber eben nicht von Beruf aus Dozent ist.
Das nächste Problem sei die Einbeziehung der Diversity in unserer Gesellschaft. Wie sollten die Menschen in die Sprache einbezogen werden, bzw. erkenntlich gemacht werden, welche sich weder dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen – durch einen Eingriff in die Sprache? Nach Greiner sei "Sprache nicht gerecht" (Z.105). Sprache beeinflusse zwar das Denken, jedoch sei die Abhängigkeit schwer zu ermitteln.
Zum Schluss seines Artikels stellt er in Frage, ob ein Eingriff in die Sprache etwas an der Ungleichbehandlung von Frauen in der Gesellschaft ändern würde. Er zieht diesbezüglich den Vergleich mit der Streichung des Begriffs "Negerprinzessin" in Astrid Lindgrens Buch. Dies habe aber nicht zu weniger Rassismus geführt, solch eine Sprachregelung würde – im Gegenteil – den Wunsch befördern, dagegen zu verstoßen und das Unerlaubte genau deshalb zu denken, weil es nicht erlaubt ist." (Z. 117-118) Ungleichbehandlung in unserer Gesellschaft existiert, das lässt sich nicht leugnen, sei es zwischen Frau und Mann, zwischen zwei Personen verschiedener ethnischer Herkunft oder zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen. Gegen diese Ungerechtigkeiten muss vorgegangen werden, damit Demokratie und Toleranz herrschen können. Doch inwieweit ist Sprache hierbei ein wichtiges Instrument, um Gleichstellung durchzusetzen? Hat Gendern also überhaupt einen ernstzunehmenden Sinn und was für Konsequenzen hat eine festgelegte Regelung, welche das Gendern verlangt?
Ich vertrete größtenteils die Meinung von Ulrich Greiner. Sprache ist kein System, welches beabsichtigt, die Wirklichkeit abzubilden. Sprache ist ein Instrument. Wie sonst kann Literatur entstehen, hat sie die Aufgabe, die Wirklichkeit abzubilden und niemanden auszuschließen? Nein, denn Kunst hat kein System. So belegt Greiner diesen Gedanken durch einen Fremdsprachenlerner, der verzweifelt ist aufgrund der verschiedenen Genera im Deutschen, für ihn hätten sie keinen Sinn, es gebe kein System. Die Vorstellung eines Eingriffs in Literatur oder in Lyrik ist für mich unvorstellbar und ich zweifele an dem Verstand vieler, welchen sich für solch einen Eingriff aussprechen. Wo bleibt die Freiheit eines Autors, eines Künstlers? Jeder hat das Recht, über die Sprache seines eigenen Textes entscheiden zu können und nicht für ihn kriminalisiert zu werden. Besonders beängstigend finde ich, dass das Nichtgendern in der Universität, in Hausarbeiten bereits als Fehler vermerkt werden. Es besteht keine Vorschrift, welche dies verlangt, also ist doch jedem die Freiheit gelassen, von seinem niedergeschriebenen Recht Gebrauch zu machen. Der eigentliche Sinn hinter politischer Korrektheit war doch gerade, jeden sichtbar zu machen und Minderheiten nicht auszuschließen. Doch diese Entwicklung hat dazu geführt, dass eine Vereinheitlichung verlangt wird, in welcher jeder Text eine gewisse Linie einhalten muss. Zum einen nimmt sie dem Text jegliche Persönlichkeit, zum anderen ist das Anhängen von -in, das Ausschreiben der männlichen und weiblichen Form und erst recht das Neutralisieren unleserlich; schlicht gesagt, es ist ausschlaggebend dafür, dass Lesen keinen Spaß mehr macht bzw. die eigentliche Thematik in den Hintergrund rückt. Ich habe zuhause ein einziges Buch, in welchem gegendert wird, es ist ein dickes Psychologie - Buch, bereits nach einem Viertel des Buches war es nicht mehr möglich, es zu lesen, die Bewertungen des Buches waren außerdem – genau wegen des Genderns – schlecht. Man hätte die Hälfte der Seiten sparen können, umweltfreundlicher sein können und der Autor hätte in jedem Fall mehr an dem Buch verdient, welches eigentlich total interessant war. Und so frage ich mich, wo sind die Leute, die den Eingriff in die Sprache in dieser Hinsicht unterstützen, in den Rezensionen des Buches waren diese jedenfalls nicht zu finden. Die Gegner des Genderns werden meist als konservativ bezeichnet und als alt und weiß. Zur Erinnerung, die Debatte um das Gendern existiert bereits seit über 40 Jahren, doch es hat sich schlicht und einfach nicht durchgesetzt. Die politische Orientierung oder Personen, die traditionelle Werte vertreten, können also nicht ganz das Problem sein. Doch nicht nur Bezeichnungen für Personen sollen umgeändert werden, nein, sogar Gegenstände, so will es jemand aus der Linksfraktion. Ich habe es zuerst nicht glauben können. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass solch ein Vorschlag mit einer Ernsthaftigkeit verbunden ist. Wie wäre es möglich einen Satz zu bilden? Hat ein Stuhl ein Geschlecht, was übersehen werden könnte? Anscheinend schon, wenn es gegendert werden soll. Und was ist, wenn der Stuhl sich nicht dem Weiblichen oder Männlichen zugehörig fühlt, wie neutralisiert man den Begriff Stuhl?
Sich über solche Probleme Gedanken zu machen, ist nicht Aufgabe der Sprache, sie wird niemals gerecht sein, es ist Aufgabe der Gesellschaft, gerecht zu sein, sich um die Gleichbehandlung aller zu kümmern und das auf dem effektivsten Weg und sich nicht mit den Gefühlen von Stühlen auseinanderzusetzen, nicht umsonst kann man dem Stuhl in der Sprache keine Gefühle zuschreiben, es sei denn, man personifiziert ihn.
Hinter der Verwendung bestimmter Genera steht immer eine bestimmte grammatische Logik, diese Logik wird außer Kraft gesetzt, der Sinn von bestimmten Sätzen geht verloren. Greiner zeigt das Beispiel mit dem Autofahrer auf: "Frauen sind bessere Autofahrer". Würde man diesen Satz gendergerecht gestalten, würde es heißen, "Frauen sind besserer Autofahrerinnen". Eigentlich sollte ausgedrückt werden, dass Frauen besser Auto fahren können als Männer. Aber das Anhängen der -in Form reicht nicht aus, um nicht-binäre Personen einzubeziehen, es heißt also, "Frauen sind bessere Autofahrende." Was hat der Satz jetzt noch für einen Sinn und der Begriff "Autofahrende" ist in seiner Bedeutung nicht eindeutig.
Um noch einmal auf die Streichung des Begriff "Negerprinzessin" aus Astrid Lindgrens Buch Pippi Langstrumpf einzugehen. Heutzutage wäre er eindeutig nicht annehmbar und rassistisch, doch Sprache ist im Wandel und ein gewisses Vokabular gehört zu einer gewissen Zeit. Es stellt sich für mich als ein Problem dar, aus heutiger Sicht ungeeignete Begriffe zu entfernen. Bestimmte
historische Texte sind ohne sie schwer einzuordnen. Es war eben nicht immer so, wie es heute ist. Und wie kann man sich von den alten Werten absetzen, wenn man die alten Begriffe eliminiert, die Sprache unserem heutigen Verständnis gleichzusetzen. Man kann in Geschichte nicht eingreifen, sie prägt unser Heute. In alte Bücher einzugreifen, nur um politisch korrekt zu sein, birgt Probleme und zeigt die Unfähigkeit, zwischen heute und gestern zu differenzieren und Sprache als Entwicklung zu sehen. Denn es ist nicht zu erwarten, Gerechtigkeit von einem auf den anderen Moment zu erzielen. Interessant wird es aber, wenn man sich Statistiken zu dem Thema Gendern anguckt. Denn ungefähr zwei Drittel der deutschen Bevölkerung lehnen das Gendern ab. Insbesondere die Wähler der Linken, hier sprechen sich 72% gegen das Gendern aus. (Das ist irritierend im Bezug auf die Aussage aus der Linksfraktion bezüglich des Genderns von Gegenständen.) Diese Statistik zeigt also ganz eindeutig, dass die Ablehnung des Genderns nicht aus einer bestimmten Richtung kommt, welche sich an traditionellen Werten festhält, sondern dass es ganz einfach etwas mit Sprachgefühl hat und dieser enorme Eingriff in die Sprache die Ästhetik der Sprache zerstört und damit auch Literatur und Lyrik.
Rojin Namer:
Wir passen die Sprache an die Welt an, in der wir leben.
Wie in so vielen Sprachen gibt es von deutschen Begriffen oft eine weibliche und eine männliche Version. Das heißt: In der Schule gibt es den Schüler und die Schülerin. Sie werden unterrichtet vom Lehrer oder von der Lehrerin. Soweit, so gut - sobald es sich aber um eine Gruppe von Menschen handelt, wird oft der männliche Plural verwendet. Gesetze machen dann zum Beispiel die Politiker für die Bürger – auch wenn unter ihnen Frauen sind. Diese spezielle Pluralform, auch "generisches Maskulinum" genannt, ist Kern der aktuellen Debatte in Deutschland.
Der deutsche Journalist und Literaturkritiker Ulrich Greiner betrachtet eine gendergerechte Sprache kritisch. In seinem Artikel "Droht uns die Sprachzensur, ja!" beantwortet er die Frage schon im Titel. Greiners Vorstellung von der deutschen Sprache ist eine ihm vertraute, eine Sprache, in der er sich wohlfühlt. Alternativen lässt er nicht gelten. Ob für Greiner auch das Mittelhochdeutsche zum deutschen Sprachgut zählt, oder ob zum Beispiel Anglizismen in Ordnung sind, erwähnt er in seinem Artikel nicht.
Greiner ist der Meinung, dass die Genera des Deutschen dessen besonderen Reichtum ausmachen. Er meint, dass die sprachwissenschaftliche Komparatistik keinerlei belastbare Hinweise darauf liefere, dass zwischen Sprache einerseits und Sexismus und Frauenbenachteiligung andererseits tatsächlich ursächliche Zusammenhänge bestünden. Viele Sprachen, wie etwa das Ungarische oder das Türkische, besitzen gar keine grammatischen Mittel, um einen Geschlechterunterschied zu bezeichnen, und trotzdem werden in den Gesellschaften, in denen diese Sprachen gesprochen werden, Frauen benachteiligt. Niemand und auch nicht die gendergerechte Sprache möchte die
grammatische Geschlechter der deutschen Sprache abschaffen. Das ist ungefähr so falsch, wie zu
behaupten, Feministinnen würden eine Box und einen Stuhl nun eine "Boxin" und "Stuhlin" nennen
wollen.
Weiterhin behauptet Greiner, niemand wolle "Bürgermeisterinzimmer" oder "Bürgerinnen- und
Bürgermeisterzimmer" sagen, und auch wenn jemand zu einer Bäckerin oder einer Friseurin gehe,
sage dieser Mensch ja doch, er gehe "zum Bäcker" oder "zum Friseur". In all diesen Fällen seien
Frauen "selbstverständlich mitgemeint". Merkwürdig ist, dass fast immer nur Männer behaupten,
Frauen seien mitgemeint. Es gibt sogar Menschen, die sagen, dass sie zu ihrer Bäckerin oder ihrer
Friseurin gehen. Das wäre für Greiner jedoch ein "konkreter" und kein allgemeiner Fall.
Studien darüber, wie z.B. eine Berufsgruppe wahrgenommen wird, wenn sie stets im generischen Maskulinum benannt wird, sind Greiner nicht wichtig genug. Denn eine Veränderung von Benennungen führe für ihn nicht nur zu "unschönen Umständlichkeiten", sondern unterminiere unser Sprachsystem.
Greiner benutzt nun ein weiteres beliebtes Argument gegen das Gendern: Was ist mit LGBTIQ? Nicht nur scheint er zu vergessen, dass auch viele lesbische, schwule oder bisexuelle Menschen sich durch maskuline oder feminine Formen angesprochen fühlen und dass insbesondere die gendergerechte Sprache darum bemüht ist, durch neue Vorschläge darauf hinzuweisen, dass sich möglichst alle angesprochen fühlen – er geht noch einen Schritt weiter: "Sprache ist nicht gerecht. Hierin ist ihm zuzustimmen. Sprache verändert sich, seit es Sprache gibt. Wir benutzen heute Wörter, die es vor ein paar Jahren noch nicht gab. Im aktuellen Duden sind 3000 neue Wörter zu finden, darunter "gendergerecht", "transgender" und seit neuestem sogar "cringe". Wir passen die Sprache an die Welt an, in der wir leben.
Da die Gesellschaft nicht nur aus Menschen besteht, die sich als Mann oder Frau definieren, sind Gender-Zeichen die richtige Wahl. Selbst wenn es sich nur um wenige Menschen handelt, wird dadurch die sprachliche Inklusion offener. Genderzeichen zu verwenden, bedeutet, sich politisch zu positionieren und mit all jenen solidarisch zu erklären, die eine neue, emanzipative Geschlechterordnung leben.Was wir derzeit erleben, ist eher die Weigerung, die Sprache diesen veränderten Geschlechterverhältnissen anzupassen. Um 1900 gab es noch keine Wählerinnen, Professorinnen, Kanzlerinnen. Heute gibt es sie – folglich müssen sie auch einen Namen bekommen. Man kann versuchen, die Realität durch die Nichtbenennung zu verhindern. Das hält nie lange. Jede neue Wirklichkeit will gesehen, gehört, benannt werden. Statt sich um Öffnung, Lebendigkeit und Objektivität zu bemühen, schlägt Greiner vor, sich lieber auf einer (quasi schicksalhaften) Ungerechtigkeit auszuruhen, denn "je länger man misstrauisch und verdachtsgeladen in dieser ungerechten Sprachwelt herumstochert, umso mehr Ungerechtes findet man darin." Seiner Ansicht
nach sollten wir die Dinge also lieber belassen, wie sie sind, statt Menschen wie ihn zu verdächtigen,
sie würden mit ihrem Sprechen Ungerechtigkeiten reproduzieren.
Für seine These, wonach gendergerechte Texte weder lesbar noch sprechbar seien, erwähnt er eine
Reihe von Schreiben universitärer Fachschaftsinitiativen, um zu zeigen, wie unmöglich diese zu lesen
seien. Es stimmt. Diese Texte sind schwer lesbar. Aber sie finden an einem bestimmten Ort statt,
dort wo neue Sprache untersucht und ausprobiert wird. Natürlich will das, was an Universitäten
geforscht wird, "ans Licht der Öffentlichkeit", aber nicht jeder Vorschlag setzt sich durch. Vieles
bleibt ein Experiment oder ist nur für einen bestimmten Kreis da. Für bestimmte Texte oder eine
bestimmte wissenschaftliche Arbeit kann eine spezifische Sprache sehr nützlich sein. Trotzdem
spricht kaum jemand im Alltag konstant wie ein Chemie-Professor. Auch Gesetzestexte oder
Verträge sind oft unlesbar oder schwer verständlich und uns gelingt es trotzdem, sie umzusetzen
oder sie zumindest meistens als eine ganz gute Sache zu akzeptieren.
Für seinen Schluss findet Greiner ausgehend von dieser Ansicht dann noch einen Vergleich, "Würden die Frauen in diesem Land höher geachtet, besser bezahlt und seltener misshandelt, wenn wir eine 'gendergerechte' Sprache hätten? Der Kinderbuchstreit hat gezeigt, wie leicht es ist, Astrid Lindgrens 'N-Wort-Prinzessin' [schreibt er aus] (Pipi Langstrumpf) oder Michael Endes 'kleinen N- Wort' [schreibt er auch aus] (Jim Knopf) zu entfernen. Davon ist der Rassismus mit Sicherheit nicht weniger geworden." Das ist ein bisschen so, als sagte man: Nur, weil in den USA die Sklaverei abgeschafft wurde, ist der Rassismus nicht verschwunden. Und der nächste logische Schritt wäre dann zu sagen: Also hätte die Sklaverei nicht abgeschafft werden sollen. Davon einmal abgesehen, dass es Greiner anscheinend trotz dieser historischen "Entfernung" immer noch möglich ist, das N- Wort in einer großen deutschen Zeitung zu schreiben. Sicherlich würden Frauen nicht automatisch und sofort besser bezahlt oder höher geachtet, wenn wir eine gendergerechte Sprache hätten. Sie würde aber dazu führen, dass sie eher als gleichberechtigtes und ebenso angesprochenes Gegenüber wahrgenommen werden und das sie daher vielleicht auch besser bezahlt werden oder überhaupt öfter als Subjekt und seltener als Objekt erscheinen.
Eine Ungerechtigkeit zu beseitigen, löst nicht alle Ungerechtigkeiten, sie deshalb zu akzeptieren, ist
aber kein Argument.
So, denke ich, bleibt Greiners abschließende Erklärung für ein genderungerechtes Deutsch nur der
verzweifelte Versuch, sich an den ihm bekannten Strukturen festzuklammern, weil alles Neue ihm
Angst macht. Ein bisschen möchte ich ihn damit trösten, dass die Welt nicht untergehen wird, nur
weil sich Sprache verändert und anpasst.