Kommentar zu “Woyzeck“ am Berliner Ensemble

21.11.2023

Am 21.11.2023 besuchten die Grundkurse Deutsch des Walther-Rathenau-Gymnasiums die Vorstellung "Woyzeck" des Regisseurs Ersan Mondtag. In dem von Georg Büchner verfassten Drama geht es um den ehemaligen Soldaten Woyzeck, der aufgrund des gesellschaftlichen Drucks zum Mord an seiner Geliebten Marie gedrängt wird.

Beim Betreten des Theaters erwartet uns ein prachtvolles Foyer, in dem gut gekleidete Leute geduldig auf das Läuten der Klingel warten, welches den Beginn des Einlasses signalisiert. Unsere zugewiesenen Plätze variieren; einige sitzen unten vor der Bühne in der Menge, andere in den oberen Logen, und einzelne unserer Schüler_innen finden ihre Plätze sogar in den Kaiserlogen, die einen ausgezeichneten Blick auf die Bühne bieten.

Der Schauspieler, der Woyzeck verkörpert, sitzt bereits vor Beginn des Stücks vor dem heruntergelassenen Vorhang, barfuß im angelegten Weiher plantschend und hin und wieder an seinen Haaren kauend.

Sobald das Stück beginnt, wird das Publikum erwartungsvoll still und beobachtet, wie der Vorhang sich allmählich hebt. Es zeigt sich ein Zeltlager in einem ruhigen Wald.

Gleich zu Beginn des Stücks wird die Verrücktheit von Woyzeck deutlich, die schauspielerische Leistung ist sehr überzeugend. Er vermittelt den Eindruck, dass der Mann auf der Bühne, der sich ängstlich und hektisch vor den "Freimaurern" verfolgt fühlt und dabei zwanghaft Holz hackt, wirklich an Wahnvorstellungen leidet. Auch die anderen Charaktere werden leidenschaftlich dargestellt: Der Hauptmann und der Doktor machen sich über Woyzeck lustig, der Tambourmajor wirbt mit seiner "Männlichkeit" um Maries Hand, worüber er auch ein Lied singt und Marie selbst kümmert sich um ihren Sohn, wobei sie von einem Mann verkörpert wird. Laut dem Kommentar des Regisseurs Mondtag hat er sich für den Geschlechterwechsel dieser Figur in seiner Inszenierung entschieden, um Marie nicht als Opfer eines Femizids in einer von Männern dominierten Gesellschaft darzustellen. Eine Veränderung der Fassung von Büchner, die wir bei der Nachbesprechung des Stücks kontrovers diskutiert haben. Die Veranschaulichung von Woyzecks Stimmen als Wesen in Ganzkörperanzügen in Mondtags Variante trägt zur schauerlichen Atmosphäre bei. Wir interpretierten diese Darstellung als Zeichen der mentalen Verfassung Woyzecks, die sich im Verlauf der Handlung immer mehr verschlechterte. Ein wichtiges Element des Stücks war für uns der Teich, da er das Bühnenbild beherrscht. Zudem spielten sich alle fundamentalen Ereignisse dort ab, wie zum Beispiel das erste romantische Treffen zwischen Marie und dem Tambourmajor, die Misshandlung Woyzecks durch den Tambourmajor und die Bewohner des Lagers, die "Hauptmannszene" sowie der Mord an Marie.

Quelle: https://www.berliner-ensemble.de/inszenierung/woyzeck
Quelle: https://www.berliner-ensemble.de/inszenierung/woyzeck

Die Erfahrung eines Theaterbesuchs war für fast alle von uns vollkommen neu. Von der luxuriösen Kaiserloge aus hatten wir eine brillante Aussicht auf die Spielfläche. So wurden wir in die moderne Inszenierung eingeführt. Die Entscheidung für das geänderte Geschlecht von Marie konnten wir zwar nachvollziehen, vermissten jedoch ein wenig die weibliche Repräsentation im Stück.

Insgesamt war der Theaterbesuch eine bereichernde Erfahrung, die uns nicht nur einen tieferen Einblick in Büchners "Woyzeck" ermöglichte, sondern auch die kreative Umsetzung durch Regisseur Ersan Mondtag auf beeindruckende Weise zeigte.

Ein Kommentar von Lenja Hoffmann & Tes Enkhbat (3. Semester)

https://www.deutschlandfunkkultur.de/immer-noch-ohne-ausweg-warum-gerade-ueberall-woyzeck-gespielt-wird-dlf-kultur-e3e76cac-100.html